Offene Forderungen liegen auf dem Tisch, Sie wissen aber nicht, wie Sie diese als Gläubiger schnell und effizient eintreiben? Nach abgeschlossenen Geschäftsverträgen kommt es immer wieder vor, dass Schuldner ihre Rechnung nicht fristgerecht begleichen. Sei es aufgrund finanzieller Schwierigkeiten oder privater Probleme – in diesem Fall können Sie auf ein Vollstreckungsverfahren zurückgreifen, falls bisher alle außergerichtlichen Maßnahmen nicht gegriffen haben.
Wir zeigen Ihnen in unserem Artikel, was ein Vollstreckungsverfahren ist und welche drei Arten es von ihnen gibt. Zudem erfahren Sie, wie das Vollstreckungsverfahren im Zusammenhang mit einemInsolvenzverfahren aussieht.
Ein Vollstreckungsverfahren dient Gläubigern dazu, ihre Ansprüche und Forderungen bei Schuldnern mithilfe eines staatlichen Verfahrens durchzusetzen. Dabei wird zwischen steuerrechtlichen und zivilrechtlichen Vollstreckungsverfahren unterschieden. Bei ersterem unterliegen die jeweiligen Rechtsfälle der Abgabenordnung (AO), die auch als “steuerliches Grundgesetz” bezeichnet wird. In diesem Fall gilt der Staat als Gläubiger, der seine Forderungen durch einen Verwaltungsakt bzw. Steuerbescheid im Rahmen einer Verwaltungsvollstreckung durchsetzt. Zivilrechtliche Ansprüche werden hingegen durch die Zwangsvollstreckung geregelt; ein Verfahren, das im Gesetz der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (ZVG & ZVO) niedergeschrieben ist.
Durch Vollstreckungsverfahren wollen Gläubiger eine gerichtliche Entscheidung oder einen vollstreckbaren Titel gegen eine Person oder eine Organisation bewirken, um ihre Forderung geltend zu machen. Je nach Recht gibt es drei verschiedene Vollstreckungsverfahren:
Für die Strafvollstreckung ist ein rechtswirksames Strafurteil notwendig, das für die verurteilten Personen mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe einhergeht. In der Regel werden Strafvollstreckungen nicht zur Eintreibung offener Forderungen eingesetzt, da zunächst Verwaltungs- bzw. Zwangsvollstreckungen die Schuldner zur Zahlung ihrer Schulden bewegen sollen. Wenn sie ihre Geldstrafen allerdings nicht zahlen können, ist eine Ersatzfreiheitsstrafe denkbar, bei der sie ihre Strafe für eine bestimmte Zeit im Gefängnis absitzen müssen.
Öffentlich-rechtliche Forderungen werden durch die Verwaltungsvollstreckung geregelt, die von staatlichen Behörden oder öffentlichen Stellen wie zum Beispiel Gemeinden, Landkreisen oder Bundesländern durchgeführt wird. So dürfen sie unter anderem bei offen gebliebenen Steuerschulden Vollstreckungsmaßnahmen ausführen, die mit zusätzlichen Gebühren für den Schuldner einhergehen. Zu den häufigsten Maßnahmen zählen die Kontopfändung, Zwangsvollstreckung von Immobilien und die allgemeine Androhung eines Zwangsgeldes.
Die durch das Zivilrecht geregelte Zwangsvollstreckung wird am häufigsten bei Geschäftsverträgen eingesetzt, bei denen der Käufer (Schuldner) das Produkt oder die Dienstleistung des Verkäufers (Gläubigers) nicht fristgerecht bezahlt. Bei beiden Parteien kann es sich sowohl um Privatpersonen als auch juristische Personen (z. B. Unternehmen) handeln.
Zur Durchsetzung der offenen Forderung stellt der Gläubiger nach einem bestimmten Ablauf einen Antrag auf Zwangsvollstreckung, um einen Vollstreckungstitel zu erwerben. Mit diesem darf der Gerichtsvollzieher (wenn Gläubiger und Schuldner zwei Privatpersonen sind) bzw. der Vollstreckungsbeamte (bei Staat und Privatperson) in das Vermögen des Schuldners eingreifen. Das bedeutet, dass die Vermögensgegenstände sowie Lohnabrechnungen des Schuldners bis zum Ausgleich der offenen Forderung gepfändet werden. Prinzipiell sind dabei drei Pfändungsarten möglich:
Sollten diese Maßnahmen zum Beispiel aufgrund von Arbeitslosigkeit und niedrigem Vermögen seitens des Schuldners zu einer erfolglosen Vollstreckung führen, wird er mit einer titulierten Forderung belastet, die ab Ausstellung 30 Jahre gültig ist.
Eine Insolvenz wird meist von Unternehmen angemeldet, denen eine drohende Zahlungsunfähigkeit (ein Konkurs) bevorsteht. Sollte dies der Fall sein, hat das Insolvenzverfahren vor dem Vollstreckungsverfahren Vorrang. Dabei wird das vorhandene Vermögen des Schuldners aufgelistet, zu dem alle beweglichen und unbeweglichen Sachen zählen, die die Insolvenzmasse ergeben. Wichtig: Auch Gegenstände, die nach der Eröffnung der Insolvenz erworben werden, gehören zu dieser Masse. Das heißt, dass ebenfalls zukünftige Gehälter pfändbar sind.
Vollstreckungsverfahren können allerdings auch während laufender Insolvenzverfahren fortgeführtwerden. Dies passiert, wenn Schuldner über Vermögenswerte verfügen, die nicht Teil des Insolvenzverfahrens sind, wie zum Beispiel Überstundenvergütungen, Weihnachtsgelder oder Spesen.
Offene Forderungen stellen Gläubiger oft vor eine große Herausforderung. Doch, wenn jede außergerichtliche Maßnahme fehlschlägt, können Sie ein Vollstreckungsverfahren nutzen, um Ihre Ansprüche zielgerecht durchzusetzen. Je nach Fall haben Sie die Wahl: Strafvollstreckung oder Zwangsvollstreckung. Beide Arten gleichen sich in einem Punkt: Sie dienen dazu, eine gerichtliche Entscheidung oder einen vollstreckbaren Titel gegen eine Person oder Organisation zu erlangen, um offene Forderungen einzutreiben. Bei einer Verwaltungsvollstreckung haben Sie hingegen keine Wahl, denn dabei leitet die Behörde ein Verfahren in die Wege.
Sollten Sie ein Vollstreckungsverfahren zur Eintreibung Ihrer offenen Forderungen beantragen, läuft dieses mit angeordneten Rechtsfolgen immer vor Gericht ab. Wenn das außergerichtliche Mahnverfahren beim Schuldner nicht wirkt, empfiehlt sich daher ein gerichtliches Vollstreckungsverfahren, das je nach Fall entweder zu einer Straf-, Verwaltungs- oder Zwangsvollstreckung führt.
Jedes Vollstreckungsverfahren dauert je nach Einzelfall unterschiedlich lang und kann sich von nur wenigen Wochen bis über mehrere Jahre erstrecken. Bevor es überhaupt zur Einleitung von gerichtlichen Maßnahmen kommt, vergehen oft mehrere Monate, in denen der Gläubiger dem Schuldner drei Mahnungen (einschließlich finaler Mahnung) zukommen lässt.
Schuldner sollten sich bei Verdacht einer ungerechtfertigten Forderung an einen Rechtsanwalt wenden, der entsprechende Rechtsmittel einlegt. Eine direkte Kontaktaufnahme mit dem Gläubiger ist jedoch immer als erster Schritt empfehlenswert, um die Sachlage zu überprüfen und gegebenenfalls über eine andere Zahlungsmöglichkeit wie zum Beispiel eine Ratenzahlung zu verhandeln. In einigen Fällen bietet sich für den Schuldner auch eine Vollstreckungsabwehrklage an, wenn er gut begründen kann, warum die eigentliche Forderung nicht berechtigt ist, zum Beispiel durch die fehlende Zustellung eines rechtswirksamen Vertrages.