Bei der Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen ist der Gerichtsvollzieher ein zentraler Akteur im deutschen Rechtssystem. In seinem Aufgabenbereich führt er Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch, um offene Forderungen und Schulden zu begleichen. Dabei verfügt er über weitreichende Befugnisse, die es ihm erlauben, Pfändungen und andere Maßnahmen gegen den Willen des Schuldners durchzusetzen. Seine Tätigkeit stellt damit eine entscheidende Schnittstelle zwischen Justiz und Gläubigern dar und hat erheblichen Einfluss auf die Durchsetzung von Forderungen im deutschen Rechtsstaat.
Wer ist der Gerichtsvollzieher?
Der Gerichtsvollzieher (auch Vollziehungsbeamter oder Zwangsvollstrecker genannt) ist ein Beamter, der ebenfalls Organ der Zwangsvollstreckung ist. Er kann im Wege der Zwangsvollstreckung öffentliche Gewalt ausüben, um im Auftrag von Gläubigern offene Forderungen bei ihren Schuldnern einzutreiben. Dabei unterliegt er der Fachaufsicht des Vollstreckungsgerichts. Wird er jedoch nicht als selbständiges Organ, sondern für eine Organisation tätig, unterliegt er der Fachaufsicht des für ihn zuständigen Amtsgerichts.
Aufgaben eines Gerichtsvollziehers
Von gerichtlichen Entscheidungen bis hin zur Erfüllung der Rechtsstaatlichkeit übernimmt der Gerichtsvollzieher nicht nur die Kontrolle über Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, sondern auch über folgende Aufgaben:
- Amtshilfe: Der Gerichtsvollzieher kann in besonderen Fällen – beispielsweise bei Widerstand des Schuldners – polizeiliche Hilfe anfordern (§ 758 ZPO). Dazu gehören die Räumung, die Herausgabe von Gegenständen und Vermögenswerten sowie die professionelle Unterstützung in Gefahrensituationen.
- Beratung: Sowohl Gläubiger als auch Schuldner erhalten vom Vollstreckungsbeamten eine ausführliche Beratung, um die rechtlichen Grundlagen zu erläutern, die Situation einzuschätzen, Fragen zu klären und Lösungsvorschläge zur Vermeidung von Fehlverhalten zu unterbreiten. Eine gütliche Einigung durch den zuständigen Gerichtsvollzieher gilt dabei vor jeder Zwangsmaßnahme als erstrebenswert.
- Dokumentation: Im Protokoll hält der Beamte unter anderem Daten wie Protokollnummer, Datum und Uhrzeit, Ort der Maßnahme, anwesende Personen, vorgefundene Vermögenswerte und wirtschaftliche Verhältnisse fest. Ebenso sind Gesprächsinhalt, Reaktionen des Schuldners, Unterschriften, Fotos und die gepfändeten Gegenstände wichtig. Bei Pfändungen wird zusätzlich ein Pfändungsprotokoll erstellt.
- Kommunikation: Der Gerichtsvollzieher hat Kontakt zu Gerichten, Gläubigern, Schuldnern und Dritten. Er legt zum Beispiel einen Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (Vermögensauskunft) für den Schuldner fest, falls dieser nach einer bestimmten Frist die offenen Rechnungen nicht zahlen sollte.
- Zwangsvollstreckung: Der Vollstreckungsbeamte ist für die Zwangsvollstreckung von gerichtlichen Titeln zuständig, wozu die Sachpfändung, die Gehalts- und Lohnpfändung sowie die Vollstreckung von Herausgabe- und Räumungstiteln gehören.
Rechte und Pflichten eines Gerichtsvollziehers
Die gesetzlichen Bestimmungen für Vollstreckungsbeamte sind im Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung(ZVG) sowie in der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. So darf der Gerichtsvollzieher gepfändete Gegenstände nur einziehen, wenn dem Schuldner durch gerichtliche Anordnungen vor der Zwangsvollstreckung ein Vollstreckungstitel zugestellt wurde.
Rechte des Gerichtsvollziehers
Zu den Rechten des Gerichtsvollziehers gehören unter anderem:
- Pfändungsbefugnis (§ 802 ZPO): Er darf pfändbare Vermögensgegenstände des Schuldners pfänden, um Forderungen des Gläubigers zu begleichen. Durch eine öffentliche Versteigerung (§ 814 ZPO) kann er somit das bewegliche Vermögen des Schuldners für den Zweck seiner Schuldenbegleichung steigern.
- Räumungsbefugnis (§ 885 ZPO): Die Räumung von Wohnungen oder Grundstücken kann von ihm durchgesetzt werden, wenn ein entsprechender Räumungstitel vorliegt.
- Recht auf Betreten der Wohnung (§ 758a Abs. 2 ZPO): Er hat das Recht, die Wohnung des Schuldners zu betreten, um Vollstreckungsmaßnahmen durchzuführen.
- Recht auf Einsicht in Unterlagen (§ 760 ZPO): Der Gerichtsvollzieher darf für allgemeine Informationen in Unterlagen einsehen, die zur Feststellung des Schuldnervermögens relevant sind.
Pflichten des Gerichtsvollziehers
Neben seinen Rechten muss der Vollstreckungsbeamte auch Pflichten erfüllen, die den reibungslosen und rechtskonformen Ablauf seiner Tätigkeit garantieren. Dazu zählen:
- Durchführung (§ 704 ZPO): Der Gerichtsvollzieher ist dazu verpflichtet, Vollstreckungsaufträge gewissenhaft und rechtlich korrekt durchzuführen.
- Dokumentationspflicht (§ 885a ZPO): Er muss bewegliche Sachen, die beim Schuldner frei ersichtlich sind, sorgfältig protokollieren und dokumentieren.
- Beratungspflicht: Er darf seinen Auftraggeber nur über die für ihn zweckmäßigsten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen beraten. Ein öffentlich-rechtliches Verhältnis zum Vollstreckungsgläubiger kommt nach § 753 ZPO und § 766 ZPO zustande, wenn der Gerichtsvollzieher vom Gläubiger direkt oder vom Amtsgericht beauftragt wird.
Häufig gestellte Fragen
Was darf der Gerichtsvollzieher nicht pfänden?
Es dürfen beispielsweise bestimmte Gegenstände wie Eheringe, Kleidung und berufsbezogene Dinge nicht gepfändet werden. Auch Haustiere, Lebensversicherungen, Gegenstände des täglichen Bedarfs und ein Teil des Lohn- und Gehalts sind nach § 811 (ZPO) unpfändbar.
Was passiert, wenn der Gerichtsvollzieher kommt und der Gläubiger nicht zahlen kann?
Neben der Pfändung von Vermögenswerten oder der Durchsetzung von Lohnpfändungen kann bei der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners eine Ratenzahlung vereinbart werden. Diese ermöglicht es dem Schuldner, die offenen Forderungen über einen längeren Zeitraum zu begleichen. Sollte dies nicht ausreichen, ist eine Schuldnerberatung sinnvoll.
Wann wird ein Gerichtsvollzieher bestellt?
Ein Gerichtsvollzieher wird auf Antrag eines Gläubigers oder aufgrund gerichtlicher Anordnung bestellt. Der Vollstreckungsbeamte wird erst dann tätig, wenn ein Vollstreckungstitel in Form eines Vollstreckungsbescheids oder Urteils vorliegt.