Der Begriff “Amtsgericht” geht auf die territoriale Gliederung des Heiligen Römischen Reiches zurück, in der die Ämter in verschiedenen Gerichts- und Verwaltungsbezirken über bürgerliche Rechtsstreitigkeiten entschieden. Heute ist das Amtsgericht Eingangsinstanz der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Das bedeutet, dass es nach dem Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) Zivilsachen in erster Instanz verhandelt. Damit steht es im Instanzenzug unter dem Landgericht, gefolgt vom Oberlandesgericht.
Definition
Das Amtsgericht ist inerster Instanz für die Durchführung von Amts- und Zivilverfahren zuständig. Es ist eine untere Gerichtsinstanz im deutschen Rechtssystem und befasst sich mit einer Vielzahl von Rechtsangelegenheiten. Darunter Zivilstreitigkeiten, Familiensachen, Betreuungs- und Nachlasssachen sowie Strafsachen in einfacheren Fällen.
Die aktuelle Zuständigkeit und die Art des Verfahrens, die vor einem Amtsgericht verhandelt wird, können je nach Bundesland und Gerichtsbezirkvariieren. Für leichtere Rechtsangelegenheiten ist in der Regel das Amtsgericht zuständig, während komplexere und “härtere” Fälle von höheren Gerichten wie Land- oder Oberlandesgerichten juristisch behandelt werden. Es gilt: Ab einem Streitwert von 5.000 Euro ist nach §§ 71 I, 23 GVG das Landgericht für Streitfälle verantwortlich.
Aufgaben
Die Aufgaben eines Amtsgerichts in Deutschland sind vielfältig und umfassen unter anderem:
Zivilrechtliche Angelegenheiten | Führung von Zivilprozessen in erster Instanz, einschließlich Klagen in finanziellen Angelegenheiten, Mietstreitigkeiten, Schadensersatzklagen und Familienstreitigkeiten. |
Familiensachen | Entscheidungen in Ehe- und Familiensachen wie Scheidung, Sorgerecht, Umgangsrecht und Unterhalt. Bestellung von Vormündern und Betreuern in Betreuungssachen für Volljährige und Minderjährige. |
Strafsachen | Aburteilung von Straftaten in einfachen Fällen, insbesondere Ordnungswidrigkeiten und Bagatelldelikte. Anordnung von Untersuchungshaft und vorläufiger Festnahme; Anweisung von Durchsuchungen und Beschlagnahmen. |
Nachlass- und Testamentssachen | Eröffnung des Nachlassverfahrens und Durchführung der Testamentseröffnung. Bestellung von Nachlasspflegern und Nachlassverwaltern. |
Betreuungsverfah-ren | Prüfung und Anordnung von Betreuungsmaßnahmen für volljährige Personen, die aufgrund einer geistigen oder körperlichen Beeinträchtigung nicht mehr in der Lage sind, für sich selbst zu sorgen. |
Registerangele- genheiten | Führung und Verwaltung verschiedener Register wie Handels-, Vereins- und Genossenschaftsregister. |
Grundbuchangele-genheiten | Eintragung des Eigentums und die Belastung von Grundstücken in das Grundbuch. Durchführung von Grundbuchberichtigungsverfahren. |
Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen | Insbesondere Zwangsvollstreckung in Geldforderungen und andere Rechte bei Gläubigern und Schuldnern durch den Gerichtsvollzieher. |
Beratungs- und Prozesskostenhil- fe | Prüfung von Anträgen auf finanzielle Unterstützung bedürftiger Personen bei Rechtsangelegenheiten. |
Schlichtungs- und Mediationsverfah- ren | Durchführung von außergerichtlichen Schlichtungs- und Mediationsverfahren in Konfliktsituationen zur Streitbeilegung ohne Gerichtsverfahren. |
Diverse Verwaltungsauf- gaben | Allgemeine Verwaltungsaufgaben wie die Führung von Gerichtsakten, Terminkoordination und die Verwaltung der Gerichtsgebäude, um nähere Informationen über den jeweiligen Fall zu dokumentieren. Bei Schuldnern auch die Vollstreckung einer Zwangsverwaltung. |
Ablauf des Verfahrens vor dem Amtsgericht
Der Verhandlungsablauf vor dem Amtsgericht entspricht einem bestimmten Muster. Dieses kann bei einem typischen Verhandlungsablauf wie folgt aussehen:
- Ankunft und Einlass: Die Parteien, Zeugen, Rechtsanwälte und sonstige Beteiligte erscheinen zum festgesetzten Termin im Amtsgericht und passieren die Sicherheitskontrolle.
- Eröffnung der Verhandlung: Die Verhandlung wird vom Richter eröffnet. Es erfolgt eine Begrüßung und eine kurze Einführung in den Ablauf des Prozesses.
- Verlesung von Dokumenten: Rechtlich relevante Dokumente wie Klageschrift, Anträge oder Beweismittel werden verlesen oder kurz zusammengefasst.
- Anhörung der Parteien: Alle Parteien erhalten Gelegenheit, ihre Standpunkte und Argumente darzulegen. Dies geschieht meist mündlich.
- Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen: Sind Zeugen oder Sachverständige geladen, werden sie vom Gericht oder von den Anwälten befragt. Das Verhör kann sowohl durch das Gericht als auch durch die Parteien erfolgen.
- Beweisaufnahme: Alle relevanten Beweismittel, ausführliche Informationen und aktuelle Hinweise werden vorgelegt und geprüft, um den Sachverhalt zu klären. Dazu gehören häufig schriftliche Dokumente, Zeugenaussagen, Sachverständigengutachten und weitere Beweismittel.
- Plädoyers: Die Parteien haben die Möglichkeit, abschließende Argumente vorzubringen, sogenannte Plädoyers. Dabei versuchen sie, das Gericht von ihrem Standpunkt zu überzeugen.
- Entscheidung des Gerichts: Nachdem alle Informationen zusammengetragen wurden, zieht das Gericht seine Schlussfolgerungen und trifft eine Entscheidung. Diese wird sofort verkündet oder später schriftlich mitgeteilt.
- Schlussbemerkungen: Das Gericht beendet die Verhandlung mit Schlussbemerkungen und einer Rechtsmittelbelehrung.
- Verkündung des Urteils: Wenn das Urteil nicht sofort verkündet wird, erhalten die Parteien zu einem späteren Zeitpunkt eine schriftliche Mitteilung über die Entscheidung des Gerichts.
Häufig gestellte Fragen
In welchem Bundesland gibt es die meisten Amtsgerichte?
Die meisten Amtsgerichte gibt es in Nordrhein-Westfalen. Da sich die Zahl der Amtsgerichte nach der Zahl der Verwaltungsgrenzen richtet, haben bevölkerungsreiche und flächenmäßig große Bundesländer meist – aber nicht immer – mehr Amtsgerichte als kleinere Bundesländer.
Wie können rechtliche Dokumente beim Amtsgericht eingereicht werden?
Amtsgerichte verfügen über eine Postannahmestelle am Eingang, wo die Post persönlich abgegeben werden kann. Über den Postweg lassen sich rechtliche Dokumente sowie wichtige Hinweise und aktuelle Informationen auch per Einschreiben oder Gerichtspost verschicken. In einigen Gerichtsbezirken ist zudem die elektronische Einreichung von Dokumenten über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) oder über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) möglich.
Wie kann ein Richter beim Amtsgericht kontaktiert werden?
Ein Richter am Amtsgericht kann sowohl telefonisch als auch schriftlich kontaktiert werden. Bei einem persönlichen Besuch gilt es, die Sicherheitsvorkehrungen vor Ort, die regulären Sprechzeiten und eine vorherige Terminvereinbarung zu beachten. Bei einem laufenden Verfahren kann auch der Anwalt mit dem Richter Kontakt aufnehmen.